Werbemittel mit ConTeXt gestalten (Teil 2)

Im zweiten Teil meiner ConTeXt-Artikelserie beschreibe ich, wie wir bei Hostsharing ConTeXt nutzen, um Drucksachen zu erstellen.
Faltblätter der Hostsharing eG im DIN-lang-Format

Zusammenfassung

  • Mit transicc kann man für Farben RGB-Werte in CMYK-Werte umrechnen.
  • Stildateien und Inhalte verwalten wir in verschiedenen Repositorys.
  • Die ConTeXt-Projektstruktur gewährleistet, dass Drucksachen einer Serie ein gleichartiges Aussehen haben.

Nach einer Reihe von Experimenten in 2018 haben wir uns Anfang dieses Jahres dazu entschlossen, unsere Werbemittel künftig mit ConTeXt zu erstellen. Der Weg zu einem funktionierenden Workflow war nicht einfach, denn bevor wir überhaupt mit der Printproduktion starten konnten, mussten wir ein ganz grundsätzliches Problem lösen.

Am Anfang war die Farbe

In der Vergangenheit haben wir die Erfahrung gemacht, dass die RGB-Farbtöne, die wir für die Website benutzen, im Druck sehr unterschiedlich ausfielen, je nachdem, welcher Grafiker die Werbemittel produzierte. Dies war der Auslöser, uns mit dem Thema Farbe grundsätzlich auseinander zu setzen. Dabei mussten wir lernen, dass das Farbmanagement eine Wissenschaft für sich ist und wir allenfalls an der Oberfläche kratzen können.1 Was ich im Folgenden beschreibe, ist noch keine perfekte Lösung, sondern nur ein erster Schritt, ein praktikables Farbmanagement aufzubauen.

Farbräume und Farbprofile

Druckereien benutzen je nach Druckverfahren, Papiersorte oder persönlicher Vorliebe unterschiedliche Farbprofile. Sie dienen dazu, auf unterschiedlichen Papiersorten auf reproduzierbare Weise den gleichen optischen Farbeindruck zu erzielen. Farbprofile müssen auch beachtet werden, wenn man von einem Farbraum in einen anderen wechselt, indem man zum Beispiel RGB-Farben zu Papier bringen möchte.

Was ist ein Farbraum. Auf dem Monitor haben wir es mit einem additiven Farbraum zu tun, bei dem aus den Grundfarben Rot, Grün und Blau durch Addition Weiß entsteht. Beim Drucken auf Papier arbeiten wir mit einem subtraktiven Farbraum, bei dem aus Cyan, Magenta und Yellow durch Überdrucken Schwarz entsteht. Beim Vierfarbdruck kommt aus praktischen Gründen Schwarz hinzu, damit man für Schrift, die üblicherweise in Schwarz gedruckt wird, nur eine Farbe benötigt. Deshalb spricht man von CMYK (Cyan, Magenta, Yellow, Karbon) oder dem Vierfarbdruck.

Jedes Ausgabegerät interpretiert den RGB-Farbraum ein wenig anders. Deshalb wirkt ein und dieselbe Farbe auf unterschiedlichen Monitoren jeweils anders. Das Gleiche gilt auch für das Ausgabegerät Druckmaschine im Zusammenspiel mit der Papiersorte. Je nach Druckmaschine und Papiersorte kann ein und dieselbse Farbe bzw. Farbmischung sehr unterschiedlich aussehen. Hier kommen die Farbprofile ins Spiel, die auf allen Papiersorten einen einheitlichen Farbeindruck sicherstellen sollen.

Um aus RGB-Werten CMYK-Werte zu errechnen, muss man sich sowohl auf ein RGB-Farbprofil als auch auf ein CMYK-Profil beziehen. Die Wahl des CMYK-Profils trifft die Druckerei. Unsere Hausdruckerei arbeitet mit Coated FOGRA 39 und eine Online-Druckerei, die wir als Fallback vorsehen, benutzt ISO Coated v2 300 % (ECI). Damit standen die beiden Ausgabeprofile fest. Beim RGB-Profil hat man leider die Qual der Wahl. Wir entschieden uns für das Profil sRGB v4 ICC preference.

Nach der Auswahl der Farbprofile konnten wir mit dem Kommandozeilenprogramm transicc die RGB-Werte unserer Hausfarben in entsprechende CMYK-Werte umrechnen.

Der Aufruf des Programms lautet für ISO Coated v2 300 % (ECI):

transicc -i srgb_v4_icc_preference.icc -o ISOcoated_v2_300_eci.icc

Und für Coated FOGRA 39:

transicc -i srgb_v4_icc_preference.icc -o CoatedFOGRA39.icc

Die gewonnenen Werte haben wir geringfügig gerundet und in ConTeXt dafür benutzt benannte Farben zu definieren.

Die Befehlssequenz für das Profil ISO Coated v2 300 % (ECI) lautet:

\definecolor  [hs-logoblau]   [c=1.000, m=0.643, y=0.066, k=0.314]
\definecolor  [hs-dunkelblau] [c=0.881, m=0.549, y=0.015, k=0.004]
\definecolor  [hs-hellblau]   [c=0.479, m=0.211, y=0.049, k=0.003]
\definecolor  [hs-orange]     [c=0.021, m=0.790, y=1.000, k=0.100]

Und für das Profil Coated FOGRA 39:

\definecolor  [hs-logoblau]   [c=1.000, m=0.735, y=0.279, k=0.160]
\definecolor  [hs-dunkelblau] [c=0.844, m=0.544, y=0.070, k=0.000]
\definecolor  [hs-hellblau]   [c=0.468, m=0.220, y=0.086, k=0.002]
\definecolor  [hs-orange]     [c=0.127, m=0.832, y=1.000, k=0.042]

Die Befehle, die benannte Farben definieren, befinden sich in einer Datei mit dem Namen env-cd.tex. Dort werden auch andere CD-Vorschriften festgelegt zum Beispiel die Auswahl unserer Hausschrift.

Das Präfix env- im Namen der CD-Datei ist eine Konvention in ConTeXt. Es bezeichnet Dateien, die als sogenannte Environments Stilvorgaben definieren.

Einzelne Git-Repositorys für diverse Drucksachen

Einige Stilvorgaben, wie Farben und Schriften gelten übergreifend, andere wie Papier- und Schriftgrößen werden jeweils nur für bestimmte Drucksachen definiert. Deshalb gibt es für alle Arten von Drucksachen eigene Stildateien oder Environments.

Wir haben bisher folgende Stildateien angelegt:

  • env-cd.tex (Corporate-Design-Vorgaben)
  • env-dokumente.tex (Nachhaltigkeitsberichte)
  • env-flyer.tex (DIN lang Flyer)
  • env-poster.tex (DIN A0 Poster)
  • env-schreibblock.tex (DIN A5 Schreibblöcke)
  • env-slides.tex (PDF-Präsentationen)
  • env-aufkleber.tex (Werbeaufkleber)
  • env-vk.tex (Visitenkarten)

Diese Stildateien befinden sich in einem eigenen Git-Repository mit dem Namen hs.pub.context. Wir trennen also die Stile von den Inhalten der Werbemittel. Dies erlaubt es uns, Stiländerungen unabhängig von den Drucksachen zu versionieren, die ihre eigenen Repositorys haben.

Aufbau eines Projekts

Wir haben Repositorys für Dokumente, Flyer, Poster, Schreibblöcke, Slides, Aufkleber und Visitenkarten. Wie eine solches Projekt-Repository aufgebaut ist, zeige ich anhand des Repositorys hs.pub.flyer.

In ConTeXt wird eine Serie gleichartiger Drucksachen als ›Projekt‹ bezeichnet. Mit einer Serie werden Drucksachen bezeichnet, die ein sehr ähnliches oder sogar ein identisches Aussehen haben. Ein typisches Beispiel für eine Serie ist eine Zeitschrift, deren Ausgaben nach einheitlichen Richtlinien gestaltet sind. Projekt-Dateien, in denen diese Richtlinien gebündelt sind, haben laut ConTeXt-Konvention das Präfix proj.2

Projektdateien sind einfach aufgebaut. Dies ist um Beispiel die Projektdatei für Flyer proj-flyer.tex:

\startproject proj-flyer
\environment ../hs.pub.context/env-cd
\environment ../hs.pub.context/env-flyer
\product prod-flyer-allgemein
\product prod-flyer-genosocial
\product prod-flyer-agenturen
\product prod-flyer-genossenschaften
\stopproject

Die Projektdatei legt mit dem Befehl \environment fest, welche Stildateien für ein Druckprodukt der Serie geladen werden sollen. Anschließend werden mit dem Befehl \product die Produkte definiert, die zu dem Projekt bzw. der Serie gehören.

Die Dateien für die eigentlichen Druckprodukte haben das Präfix prod- im Namen. Sie befinden sich mit der Projektdatei im gleichen Ordner. Sie heißen in unserem Fall:

  • prod-flyer-allgemein.tex
  • prod-flyer-genosocial.tex
  • prod-flyer-agenturen.tex
  • prod-flyer-genossenschaften.tex

Wir haben also bereits vier Flyer mit ConTeXt erstellt. Sie wenden sich an verschiedene Interessentenkreise und haben unterschiedliche Inhalte. Gestalterisch sind sie trotz diverser Unterschiede als Teil einer Reihe erkennbar.

Von links nach rechts: Zwei Flyer, die sich an Genossenschaften wenden; ein Flyer für Agenturen und Reseller; ein Flyer für alle Interessenten
Von links nach rechts: Zwei Flyer, die sich an Genossenschaften wenden; ein Flyer für Agenturen und Reseller; ein Flyer für alle Interessenten

Im dritten Teil der Artikelserie beschreibe ich einige Besonderheiten in den Stildateien


  1. Vgl. auch Scarso, Luigi: Introduction to colours in ConTeXt MKiV. In: TUBboat 31. Bd. 2010. S. 203–207. ↩︎

  2. Eine detaillierte Beschreibung der ConTeXt-Projektstruktur findet man im Wiki der ConTeXt-Community. ↩︎